Im Fleischtransporter über die Grenze – Axel Hartmann berichtet Schülern des Max-Planck-Gymnasiums, wie er Menschen zur Flucht aus der DDR verhalf

Wenn man an Menschen auf der Flucht denkt, so denkt man heutzutage an Kriegsgebiete wie die Ukraine. Dass vor gerade einmal 40 Jahren auch viele Deutsche fliehen wollten, vor dem Unrechtsstaat in der DDR, das ist für Schülerinnen und Schüler nur noch schwer vorstellbar. Aus diesem Grund wurde am 28. März 2025 Axel Hartmann, ehemaliger Konsul in Budapest und Referent im Kanzleramt, als Zeitzeuge eingeladen, um den Klassenstufen 10 und 11 des Max-Planck-Gymnasiums von teils spektakulären Geschichten zu berichten. Schon als kleiner Junge kam Axel Hartmann mit der deutsch-deutschen Grenze in Kontakt. Gemeinsam mit seiner Mutter wurde er verhaftet, als beide versuchten die Grenze zu überqueren, um den krebskranken Opa noch einmal im Nachbarort in der DDR zu besuchen. Später studierte er Jura und nahm 1980 seine Arbeit beim auswärtigen Amt auf. Als Konsul in Budapest verhalf er Menschen, die aus der DDR fliehen wollten, zur Flucht. So vermittelte er Leute an einen türkischen Fleischtransporter, in dem sie in einem versteckten Laderaum die Grenze überqueren konnten. Auch im Tank eines alten Mercedes versuchten Menschen in den Westen zu fliehen. Schnell war Hartmann daher auch im Visier der Stasi, die ihn nicht nur mit einer Kamera hinter seinem Spiegel beobachtete, sondern auch versuchte sich mithilfe einer Falle des ungeliebten Diplomaten zu erledigen: Stasi Mitarbeiter wollten, dass er ihnen bei einer angeblichen Flucht in den Westen half, was zu seiner Ausweisung geführt hätte. Stets war er dem Geheimdienst aber einen Schritt voraus. Immer wieder wurden DDR-Bürger auch gegen Geld freigekauft – für insgesamt 3,5 Milliarden D-Mark, wie er berichtet. Anschließend wechselte er zuerst zur NATO nach Brüssel, bevor er den Mauerfall als Referent im Bundeskanzleramt miterlebte. Axel Hartmann zog mit seinem Vortrag die Schüler in den Bann, die anschließend auch noch reichlich Fragen hatten: „Ob nicht auch Fehler bei der Wiedervereinigung gemacht wurden, deren Folgen wir heute noch im Osten spüren?“ wollte ein Schüler wissen. Der ehemalige Konsul erwiderte, dass man es geschafft habe, in nur 11 Monaten aus zwei Ländern mit völlig unterschiedlichen Systemen eines zu machen. Der Zeitdruck dabei sei enorm gewesen, da die außenpolitischen Rahmenbedingungen nur in diesem kurzen Zeitfenster eine Wiedervereinigung überhaupt ermöglicht hatten. „Sicherlich ist dabei manche Ungerechtigkeit passiert“ gab er zu, und fügte mit einem Schmunzeln an „bei der nächsten Wiedervereinigung machen wir es besser“. Für die Jugendlichen ergab sich so ein wertvoller Einblick in die Zeit der deutschen Teilung und Wiedervereinigung aus erster Hand. Der Geschichtslehrer Konrad Barth, der Herrn Hartmann dankte und ihn verabschiedete, gab den Schülern noch den Rat mit auf den Weg, vielleicht die eigene Freiheit, die für uns zum Glück selbstverständlich ist, heute noch einmal etwas bewusster zu genießen.