Am 15. und 16. November 2019 brachte die Unterstufen-Theater-AG unter der Leitung von Saskia Bauer und Miriam Schneiderhan das Jugendstück „Doktor Hierlingers magische Bibliothek“ im Foyer des Max-Planck-Gymnasiums zur Aufführung – eine spaßig-schaurige Aufführung, bei der Geschichten lebendig werden!
Die Schüler Sophie (Jerine Barry) und Tom (Noah Schiek) sollen ein Referat über Johann Wolfgang von Goethe vorbereiten – ohne einfach von Wikipedia abzuschreiben. Wie soll das gehen? „Sollen wir etwa ein Buch lesen?“, fragt Tom am Anfang des Stücks entsetzt. „Besser zwei oder drei“, rät ihm seine Lehrerin (Sonya Denndorf). Kurzerhand suchen Sophie und Tom die alte Bibliothek auf, in der Dr. Hierlinger ein eremitenähnliches Dasein führt. Mit Wuschelkopf und Fliege wirkt der Doktor – herrlich schräg gespielt von Kaan Giasar Oglou/Emma Horn – von Beginn an wunderbar schrullig und verschroben. Das anschließende Gespräch der Schüler mit dem Doktor bildet die Rahmenhandlung für die folgenden Erzählungen, die sich allesamt um Bücher ranken und die kuriosen Gegenstände in der Bibliothek auf fantasievolle Weise mit Leben füllen.
So etwa die Goethe-Büste, die den passenden Anlass bietet, um eine Episode aus dem Schulalltag zu erzählen. In einer Klasse der Schule soll nämlich ein Gedichtwettbewerb durchgeführt werden. Götz, schön fies dargestellt von Eileen Schwenk, erpresst seine Mitschülerin Johanna (Selina Kopp und Salome Odisharia) dazu, ein Gedicht für ihn zu schreiben. Unaufhaltsam wird man als Zuschauer in dieser Situation hineingezogen. Dabei gelingt es auch den anderen Schauspielerinnen und Schauspielern, jeder ihrer Figuren den eigenen Stempel aufzudrücken, sei es den größtenteils lustlosen Schülerinnen und Schülern (Jaqueline Kern, Clara Schlender, Jana Kliem, Elin Biemel und Lilith Brassel), den Lehrerinnen (Vanessa Denndorf, Valeria Maruhin, Madeleine Adam) oder der überfreundlichen Schulleiterin (Nina Laitenberger). Dabei stechen vor allem Charlotte Brenner und Anastasia Anthi Peristera hervor, die ihre Rollen des Lorenz und Moritz mit viel frechem Humor spielen.
Was zunächst wie eine humorvolle Episode aus dem Schulalltag beginnt, entwickelt sich rasch zu einem dramatischen Fall von Erpressung und endet schließlich mit der magischen Versteinerung des Erpressers, als dieser einen Blick auf die Sieger-Medaille wirft, die eine Medusa zeigt. Zur Salzsäule erstarrt muss Götz von der Bühne getragen werden. In einer anderen Erzählung gelingt es einem fiesen Schüler (Charlotte Brenner) nicht mehr, Schillers Totenmaske abzunehmen, mit der er seine Lehrerin (Charlotte Burkhardt) erschrecken wollte.
Ein Running-Gag des Stücks ist der Abtransport solcher Opfer durch den Schulsanitärdienst (Siri Bürkle und Carla Hess), beziehungsweise den Schulsanitätsdienst (Marius Teufel). Besonders Letzterer entwickelt sich im Lauf der Aufführung durch seine sensationell übertriebenen Auftritte zu einem wahren Publikumsliebling. Grusel und Humor wechseln sich auch weiter ab, etwa als die schüchternen Schülerinnen Annika (Lina Landenberger) und Sophia (Amelie Siegle) auf den Bibliothekar Schmalhofer treffen, der fast fanatisch an seinen Büchern hängt. Matteo Stammler glänzt hier bei der Darstellung des Unsympathen und sprüht nur so vor Spielfreude. Auch Fritz (Katharina Burkhardt) und Franz (Jonathan Bieler), die in einer slapstickartigen Szene betrunken über die Bühne torkeln, erleben eine unheimliche Begegnung mit besonderen Büchern. In der letzten Episode des Stücks versuchen Hubert (Carla Hess) und Horst (Siri Bürkle) in eine Bibliothek einzubrechen. Die Power-Ranger-Anzüge, die sie dabei tragen, sind nur ein Beispiel für die abgedrehten Kostüme, die bei der Inszenierung zum Einsatz kommen. Dazu passen auch die Verkleidungen der Bücher-Gespenster vortrefflich (Charlotte Burkhardt, Selina Kopp, Emilia Schmid und Salmone Odisharia), welche die glücklosen Gauner am Ende in die Arme der Polizei treiben (Lotta Hutzel und Annika Beck). Zusammengefasst sind es merkwürdige Ereignisse, die sich in der magischen Bibliothek abspielen. Dies wird stimmungsvoll durch das Bühnenbild sowie die Licht- und Soundeffekte vermittelt, mit denen die Teilnehmer der Technik-AG wieder einmal eindrucksvoll ihr Können unter Beweis stellen. Einen treffenden Schlusspunkt setzt Doktor Hierlinger mit einem abschließenden Monolog – einer Art Plädoyer für Bücher, die Schätze sind, in denen es ganze Welten zu entdecken gibt, sowie einer Warnung an alle unachtsamen Leser, die Bücher durch Flecken oder Eselsohren „verletzen“. Die kleinen und großen Besucher der Aufführung des Unterstufen-Theaters waren restlos begeistert und bedachten die Leistungen der 30 (!) textsicheren Schülerinnen und Schüler und ihrer Lehrerinnen, Frau Bauer und Frau Schneiderhan, mit lautem Beifall. Mit dieser gelungenen Vorstellung dürfte beim Publikum die Freude am Buch zweifellos geweckt worden sein.